You are viewing an old version of this page. View the current version.

Compare with Current View Page History

Version 1 Next »



Sicheres Arbeiten auf dem Eis bei Polarsternexpeditionen

Grundsätzlich ist die Frage nach der Verantwortung zu klären, die jeder einzelne Teilnehmer, der Fahrtleiter, bzw. der Arbeitgeber im Rahmen der Expeditionsdurchführung hat.

Die weiter unten stehenden Vorschläge basieren auf der jahrelangen Erfahrung der Kolleginnen und Kollegen, die des Öfteren an verschiedenen Orten sowohl in der Arktis als auch der Antarktis in Einsatz waren.

Die Verantwortung für die sichere Expeditionsdurchführung liegt letztendlich beim Fahrtleiter, so dass auch gut begründetes Abweichen zugunsten anderer Regelungen durch ihn zulässig ist. Die Änderungen müssen dann schriftlich eindeutig festgelegt werden, mit Festlegungen, Datum und Unterschrift.

Arbeiten auf dem Eis (Foto: Tim Heitland)



Verantwortung

Kapitän:
Der Kapitän hat bei Fragen, die den Schiffsbetrieb betreffen, die Entscheidungshoheit und trägt die Verantwortung für alle an Bord befindlichen Personen. Sobald die Schiffsicherheit es erfordert, reicht die Befugnis auch auf Eis- und Landarbeiten. Seinen Anordnungen muss unverzüglich Folge geleistet werden.

Fahrtleiter:
Der Fahrtleiter ist generell für die wissenschaftlichen Fahrtteilnehmer verantwortlich. Da er nicht zu jeder Zeit überall zugegen sein kann, sorgt er dafür, dass alle Teilnehmer vor entsprechenden Aktivitäten über Sicherheitsbelange informiert sind und ausreichend sicherheitsrelevante Ausrüstung zur Verfügung steht. Sollten die bestehenden Regelungen nicht vollständig oder ausreichend genau sein, so muss er zusätzliche Regelungen treffen. Der Fahrtleiter entscheidet abschließend und verantwortlich im Rahmen der bestehenden Regelungen, ob und wie Aktivitäten stattfinden.




Gruppenleiter
(Arbeitsgruppe Bord und Feldeinsatz):
Der Gruppenleiter ist verantwortlich für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften innerhalb seiner Gruppe. Er geht mit gutem Beispiel voran, achtet auf seine Kollegen und hält sie zur Einhaltung der Maßnahmen an. Er ist an die Anweisungen des Fahrtleiters gebunden, kann zusätzliche Maßnahmen in Kraft setzten.

Teilnehmer:
Jeder Teilnehmer ist für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und Hinweise vom Gruppenleiter und Fahrtleiter verantwortlich.








Ablauf an Bord

Diese Informationen basieren auf langjähriger Erfahrung an Bord Polarstern. In Einzelfällen mag es Abweichungen gegeben haben, die aber nicht die regulären Verhaltensweisen widerspiegeln. Das Vorgehen im speziellen Expeditionseinzellfall muss immer durch den Fahrtleiter geprüft, beschlossen und persönlich verantwortet werden.

Abweichungen zugunsten anderer Regelungen durch ihn sind zulässig. Die Änderungen müssen dann schriftlich eindeutig festgehalten werden, mit Festlegungen, Datum und Unterschrift. (z.B. Gefährdungsbeurteilung & Betriebsanweisung)

Bei ungewöhnlichen Abweichungen von der bewährten Praxis wird auch der Kapitän unter Umständen zur Absicherung einen entsprechenden Eintrag im Schiffstagebuch machen.

Nicht geändert werden können Regelungen, die bordseitig oder seitens des Helikopterbetreibers gesetzlich vorgeschrieben sind.
Einige Festlegungen der Logistikabteilung können nur nach vorheriger Rücksprache mit dem logistischen Koordinator geändert werden. (z.B. bei von der Logistikabteilung betreuten Gerätschaften o. Gegenständen)

Stets ist zu bedenken, dass die nicht an Bord befindlichen Personen entweder vom zweiten Helikopter oder vom Schiff selbst in angemessener Zeit im Notfall gerettet werden können. Ist das nicht gewährleistet, ist der EInsatz als nicht sicher und daher nicht durchführbar zu bewerten.

Bisher übliches Prozedere:

Vor dem Einsatz:

  • Genaue Absprache der Fahrtleitung mit wissenschaftliche Arbeitsgruppe über Art, Umfang, Dauer, Risiken und Sicherheitsmaßnahmen der Arbeiten auf dem Eis

  • Kapitän, Fahrtleiter, Meteorologie einig über Wettersituation und Möglichkeit der Arbeiten auf dem Eis.

  • Erkundungstrupp ermittelt Eisdicke und Eisqualität in Schiffsnähe  

  • Entscheidung über Arbeiten auf dem Eis durch wiss.Fahrtleitung

Einsatz auf dem Eis: 

  • Abmeldung Eingang im Buch an Bord

  • Eine Arbeitsgruppe besteht mindestens aus 2 Personen und hat einen Gruppenleiter

  • Gruppenleiter für Kontrolle/Einschätzung der Eisdicke u.Tragfähigkeit verantwortlich, bzw. für Maßnahmen zur regelmäßigen Kontrolle

  • Jede Gruppe hat ein Funkgerät dabei; bei Entfernungen >1sm ein Iridium Telefon. Bei Arbeiten in Schiffsnähe ist das Typhon das bordseitige Notsignal und bedeutet: Alle Personen sofort zurück zum Schiff.

  • In der Nähe des Schiffes (max.1sm = ca.45min Fußweg) und Schiff - Scholle Kontakt sind bis zu 5 Gruppen möglich. In Arktis & Antarktis wegen des logistischen Aufwandes im Notfall (z.B. beim Abbergen). In der Arktis wegen max. Bewaffnung der Eisbärenwache. Fällt ein Gewehr aus oder ist im Heli in Gebrauch, reduziert sich die Anzahl der Gruppen auf dem Eis entsprechend.

  • Bei längeren Stationen kann, situationsabhängig, eine Handleine mit z.B. Balisenstangen zur Gangway den Nahbereich um das Schiff definieren (Nebel/White out Problematik).

  • Skidoo Maximalentfernung entspricht 45min Rückkehrzeit (>1sm: verbindlich 2 Skidoos je mit Notfallkiste mit Zelt, GPS und AIS, max. eine Skidoogruppe).

  • Nachteinsatz auf dem Eis nur nach frühzeitiger Absprache und Planung möglich, da nachts Notfallmaßnahmen nur zeitverzögert stattfinden können (Wachbetrieb Schiff)

  • Eisbärenwache für jede Gruppe. Eisbärenwache ist nur für die Sicherung der Gruppe verantwortlich. Gruppenmitglieder sollen sich dabei abwechseln, also mindestens 2 Personen, die entsprechend ausgebildet sind. Auf der Brücke ist für Arbeiten im Bereich <1sm mind. 1 Person mit Funkkontakt zu den Gruppen zur Eisbärenwache bereitzustellen, je nach Situation auch mehr.

  • Bei Arbeiten am offenen Wasser muss ein Überlebensanzug getragen werden, ggf. zusätzlich mit Faserpelz. Zusätzlich ist für eine der Situation angemessene Leinensicherung zu sorgen.

  • An Bord ist nur Überlebensausrüstung für Helikoptereinsätze vorhanden! Darüber hinausgehende Notfallausrüstung kann im Bekleidungslager ausgeliehen werden.

  • Eisstation & Polarstern verlässt die Scholle: Max.6 Pers., Notfallausrüstung, Zelte, GPS, AIS, Iridiumtelefon. Schiff kann sich bis zu 95nm entfernen.

Nach dem Einsatz:  

  • Rückmeldung: Zurück an Bord im Eisgangbuch



Arbeiten auf dem Eis (Abbildung: Matthias Siebenhüner)



Kälteschutzanzug Hansen E-300-2 im Einsatz
(Foto Hansen)


Datenblatt Hansen E300-2 Worksuit:
(Hansen)


Eispicker zur Eigenrettung aus
Eislöchern (Bekleidungslager)


PDF Kaltes Wasser



  • No labels